BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

im Landkreis Lindau

Argumentationshilfe der AbL zum Volksbegehren Artenvielfalt – “Rettet die Bienen!”

30.01.19 –

Ein Argumentationsleitfaden, zur Verfügung gestellt von der Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft für Fragen aus der Landwirtschaft zum Volksbegehren Artenvielfalt – “Rettet die Bienen!”

Von Seiten der Landwirtschaft sind, verständlicherweise, viele kritische Fragen zum Text des Volksbegehrens zu erwarten, da sie von den meisten Forderungen direkt betroffen ist.
Viele Ängste und Befürchtungen haben ihren Grund darin, daß nach den Vorgaben der Bayerischen Verfassung der Gesetzesvorschlag eines Volksbegehrens

  •  nicht in die Haushaltshoheit eingreifen darf. Angaben über Förderungen und
    Entschädigungen würden also von vornherein zur Ablehnung des Gesetzesvorschlages
    durch das Innenministerium führen.
  • einer Sachzielverpflichtung unterliegt. Mit dem Volksbegehren geben die bayerischen
    Bürger ihrem Parlament und der bayerischen Staatsregierung lediglich Zielvorgaben in
    Form eines Gesetzes vor.
  • Den Gestaltungspielraum der Politik nicht einschränken darf. Zur Finanzierung und
    Verwirklichung müssen Regierung und Parlament ihr jeweiliges Fachwissen einbringen und
    können dabei auch von sachlich gebotenen Gestaltungsspielräumen Gebrauch
    machen.

Beim Gesetzestext handelt es sich also um Zielvorgaben.
Die Staatsregierung muss Instrumente (z.B. Entschädigungen, Förderprogramme, Schaffung von
Märkten) zur Umsetzung beschließen.

Die Staatsregierung muss, laut Gesetzestext, regelmässig Statusberichte darüber abgeben, ob die beschlossenen Maßnahmen ausreichend sind, oder nachgebessert werden müssen.

Das geplante Naturschutzgesetz beschäftigt sich überwiegend mit der Landwirtschaft. Warum?

Ohne die Mithilfe der Landwirtschaft gibt es keinen wirksamen Naturschutz.
(Fundamentale Rolle der Landwirtschaft) In Bayern werden 44 Prozent der Gesamtfläche landwirtschaftlich genutzt.

Ursachen für den Artenrückgang im Bereich Landwirtschaft:

  • Verlust von Lebensräumen durch Flurbereinigung Strukturwandel
  • Höhere Intensität (z.B. Mahdhäufigkeiten) und enge Fruchtfolgen
  • Höhere Stickstoffeinträge in Ökosysteme, und Nährstoffüberversorgung aufgrund zu hoher
    Ertragserwartungen
  • Direkte und indirekte Schädigung durch den Einsatz von Pestiziden

Es wird behauptet, die Aufnahme der Forderungen in das Naturschtzgesetz würde die bisherigen Fördermöglichkeiten unterlaufen.

Dazu einige Beispiele für staaliche Förderung trotz gesetzlicher Vorgaben:

Trotz Tierschutzgesetz und daraus resultierener Tierhaltungsverordnungen ist es möglich,
tiergerechtere Ställen und Haltungsformen zu fördern.
Trinkwasserschutz: Obwohl es Gesetze zur Einrichtung von Wasserschutzgebieten gibt, werden
den Betroffenen Landwirten Ertragsausfälle und Mehraufwand ausgeglichen.
Grünlandumbruch: Nach Direktzahlungsdurchführungsgesetz ist Grünlandumbruch nur nach Genehmigung möglich.
Trotzdem gibt es Förderprogramme für Grünland und für Umwandlung von Ackerflächen in
Grünland.
CrossCompliance: Einhaltung gesetzlicher Vorschriften macht Förderung nicht unmöglich,
sondern ist sogar Voraussetzung, Fördergelder zu erhalten.

Als Eingriffe ins Eigentum werden befürchtet:
Verbot des Umbruches von Dauergrünland
Umbruchverbot nach Direktzahlungsdurchführungsgesetz existiert auch bisher schon. Ein Umbruch ist nur nach Genehmigung möglich.

Verbot des Pflegeumbruchs von Grünland mit anschl. Nachsaat
Betrifft lt. Gesetzesvorschlag nur landw. genutzte Flächen innerhalb von Biotopen.
Ausnahmeregelung möglich.

Verbot des flächigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf Dauergrünland
Ausnahmeregelung für giftige, invasive Arten und für „problematische Pflanzenarten“.

Verbot des Walzens von Grünland nach dem 15. März
Ein Mangel des Vorschlages, da erstens Abschleppen und Striegeln nicht erwähnt ist, und auch die
unterschiedlichen regionalen und klimatischen Gegebenheiten nicht berücksichtigt sind. Abhilfe im
Rahmen der Umsetzung (siehe Gestaltungsspielräume der Politik) durch regionale
Verschiebungen des Datums um den Zweck, Schutz von Gelegen und Amphibien zu
gewährleisten, sofern solche überhaupt vorhanden sind.

Frühester Mähzeitpunkt 15. Juni für 10 % des Grünlandes
Korrekte Formulierung des VB: „10% der Grünlandflächen der Landesfläche Bayerns“, d.h. es muss nicht auf Betriebsebene umgesetzt werden. Zur Landesfläche gehören auch öffentliche Grünflächen wie z.B. Straßenränder. Von der staatlichen Landwirtschaftsberatung wird schon bisher empfohlen, einen Teil der Wiesen zum Absamen länger stehen zu lassen.

Bei einigen Grünland-Massnahmen sind Ausnahmeregelungen schon im Gesetzentwurf
verankert.

Schaffung eines Biotopverbundes auf 10% des Offenlandes der Landesfläche
(Offenland = Flächen außerhalb von Wäldern, bezogen auf Landesfläche nicht auf Betriebsfläche)
Ein Großteil der dazu benötigten Fläche ist bereits in öffentlicher Hand.
Ausgleichsflächen sind dafür geeignet, sofern sie überhaupt existieren.
Werden landwirtschaftliche Flächen beansprucht, sind entsprechende Entschädigungszahlungen
nicht verboten. Beispiel: Wasserschutzgebiete sind gestzlich vorgeschrieben,
Bewirtschaftungserschwernisse werden trotzdem ausgeglichen.
Nutzung als ökologische Vorrangflächen nach EU Förderrecht möglich.

Pflicht zur Mahd von innen nach aussen ab 1 Hektar
Ausnahme: stark hängiges Gelände.
Gemäß dem neuen Landesnaturschutzgesetz NRW (§4 Abs. 5) ist es bei der Mahd auf
Grünlandflächen ab 1 Hektar verboten, von außen nach innen zu mähen.
Grundsätzlich ist es inzwischen ratsam, Maßnahmen zum Wildschutz zu treffen.

Pflicht zu Gewässerrandstreifen mit mindestens 5 Metern
In 15 Bundesländern bereits Pflicht und es bestehen Fördermöglichkeiten.
Nutzung als ökologische Vorrangfläche möglich. Härtefallregelung wenn Betriebe besonders
betroffen sind.
Gewässerrandstreifen können auch als ökologische Vorrangflächen (EU Förderung) genutzt
werden.

Verbot des Pestizideinsatzes in Schutzgebieten
In den meisten gesetzlichen Schutzgebieten in Bayern ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln
und sogenannten Bioziden bereits untersagt. Es gibt jedoch Ausnahmen. Das Naturschutzgesetz
des Volksbegehrens schließt jetzt auch diese Flächen in Schutzgebieten ein.
Gesetzesvorschlag: „Die Anwendung von Pestiziden ist in Naturschutzgebieten, in gesetzlich
geschützten Landschaftsbestandteilen und in gesetzlich geschützten Biotopen, außerhalb von
intensiv genutzten Flächen verboten.“

20% Ökolandbau bis 2025 und zu 30% bis 2030
Eine „gesetzliche Verpflichtung“ ist praktisch unmöglich, da weder jeder 3. Landwirt zur
Umstellung gezwungen werden kann, und auch eine Umstellung von 30% der Fläche jeden
Betriebes nicht erzwungenwerden kann.
Es handelt sich um eine Zielvorgabe, die bei einem weiteren Wachstum der Bio-Branche wie
bisher, realistisch erscheint.
Die Initiative „BioRegio Bayern 2020“ der bayerischen Staatsregierung und der
Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freien Wählern und fast alle Parteiprogramme sehen
sehen ähnliche Ziele bereits jetzt vor.
Zum Erreichen des Zieles ist es Aufgabe der Staatsregierung, durch Aufklärungskampagnen, und
die Einführung von Bio-Essen bei der Gemeinschaftsverpflegung in Behörden, Schulkantinen,
Universitäten und Krankenhäusern für entsprechende Märkte zu sorgen.
Das Land Österreich hat dies vorbildhaft vorgeführt und ist mit 27 Prozent Ökolandbau und einer
florierenden Bio-Wirtschaft mittlerweile Spitzenreiter in der Europäischen Union.

Biomilch
In Folge des Milchmarktzusammenbruches 2015/16 sind überdurchschnittlich viele konventionelle Milcherzeuger auf Bio-Milch umgestiegen. Dadurch war das Angebot höher als die jährliche Steigerung des Absatzes, so daß die BioMolkereien vernünftiger Weise nicht alle Neuumsteller aufnehmen konnten. Der Annahmestau war also eine Folge des Marktversagens im konventionellen Milchmarkt und kein Versagen des Biomarktes.

LVÖ (Dachverband der Öko-Landbauverbände) ist Unterstützer des VB
Die Sorgen konventioneller Landwirte um die Biomärkte sind also völlig unbegründet.

Die Forderungen unterlaufen – angeblich – bewährte KULAP Programe
Es spricht nichts dagegen, das Erreichen der Ziele des VB durch Fördermaßnahmen zu
unterstützen.
Beispiel: Das Tierschutzgesetz gibt den Rahmen vor, regelt aber nicht die Umsetzung wie z.B.
Abmessungen von Ställen und verhindert auch nicht die finanzielle Unterstützung tiergerechter
Haltungsformen und Stallbaumaßnahmen.

Josef Schmid
Vorstand AbL Bayern e.V.

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